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Costa Rica, ein Land ohne Streitkräfte

 

Das Jahrzehnt 1940 stellt eines der signifikantesten Zeiträume der costa-ricanischen Geschichte während des XX. Jahrhunderts dar, denn es war eine Zeit von wichtigen sozialen Reformen und politischer Konvulsion. Zu den wichtigsten Ereignissen gehören der Bürgerkrieg, das Aufsetzen der derzeitigen politischen Verfassung und die Ausweisung der nationalen Streitkräfte, aber noch viel wichtiger ist, das Ereignis, dass während dieser Jahre unsere soziale Sicherheit gestärkt wurde und die costa-ricanische Identität gebildet wurde.

 

Der Höhepunkt, der die zukünftige Entwicklung von Costa Rica markiert und die oben erwähnten sozialen Reformen vorantreibt, war die Durchführung der Präsidentschaftswahlen im Jahr 1948. Sie wurden mit der Konfrontation zwischen der „Bloque de la Victoria“ (Wahlbündnis aus der kommunistischen Vanguardia Popular geleitet) gehalten, die Rafael Angel Calderon Guardia zum zweiten Mal nominierte und die Oppositionspartei, die Otilio Ulate Blanco nominierte.

 

Während dieser Wahlen haben beide Fraktionen sich gegenseitig Wahlbetrug vorgeworfen. Diese Tatsache hat einen ernsten politischen Konflikt ausgelöst, welcher am 2. März 1948 durch die Opposition von José Figueres Ferrer geführt wurde, mit der Unterstützung der Regierung von Guatemala und einer Gruppe im Exil lebenden Personen aus unterschiedlichen Ländern, der sogenannten karibischen Legion, die sich mit Waffen in der Finca „La Lucha“ (Der Kampf) erheben.

 

Der bewaffnete Konflikt endete am 10. April desselben Jahres und nach den Auseinandersetzungen der Armee, die eine Zerstörung herbeigeführt hat, forderte der Bürgerkrieg über einen Zeitraum von nur sechs Wochen 4.000 Todesopfer.

 

Nach dem Bürgerkrieg von 1948 wurde ein Verwaltungsrat gebildet, vorsitzend durch José Figueres Ferrer, der 18 Monate lang regierte. Dieser Politiker, spanischer Herkunft, politisch und militärisch erfahren, in Besitz einer guten Allgemeinbildung wusste, dass er seiner Zeit voraus war und entgegen der aktuellen militaristischen Situation des gesamten lateinamerikanischen Kontinents, entschied er, dass das Beste, was er für Costa Rica tun konnte, die Abschaffung der Streitkräfte war. Damit wurde am 1. Dezember 1948, mit einem symbolischen Schlag auf den „Cuartel Bellavista“, heute das Nationalmuseum des Landes, die costa-ricanische Armee offiziell aufgelöst.

 

Es ist somit nicht viel Zeit vergangen bis die Generation von Politikern, konstituiert in der Nationalversammlung, im Jahr 1949 auf Verfassungsrang steigt. Durch den Artikel 12 der Verfassung von 1949 wurde die endgültige Abschaffung der Armee veranlasst. Dies ernennt Costa Rica zur ersten Republik der Welt ohne Streitkräfte.

 

Was auf politischer und konstitutioneller Ebene entschieden wurde, war ohne Zweifel eine Reflexion einer starken Überzeugung des Volksempfindens, gekennzeichnet durch einen tiefgreifenden Willen des costa-ricanischen Volkes, trotz einiger sozialer Konflikte. Daher waren die Regierenden die Visionäre der Epoche, weil sie die entsprechende Geschicklichkeit und Kühnheit hatten, um in Zukunft nicht auf eine Armee zurückgreifen zu müssen. Dank dieser Bestimmung konnte das Land einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes, welches vorher für Militärausgaben bestimmt war, für Bereiche mit größerer Bedeutsamkeit für die Bevölkerung nutzen, wie zum Beispiel in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Frieden, Kultur und unlängst nachhaltige Entwicklung.

 

Seit 29 Jahren wird durch den Erlass vom 24. Dezember 1986 der gleiche Wille zum Frieden fortgesetzt. Am 1. Dezember jeden Jahres wird der "Tag der Abschaffung der Armee" verkündet, um eine bleibende Erinnerung des politischen Willens für die derzeitigen und zukünftigen Generationen zu erzeugen, welcher seit 67 Jahren in unserer Verfassung fest verankert ist und heute ein fester Bestandteil unserer Kultur und costa-ricanischen Identität ist.

 

Die Abschaffung der Armee, die Entwicklung von sozialen Garantien und die Beibehaltung eines Rechtstaates haben einen entscheidenden Einfluss auf die soziale und wirtschaftliche Entwicklung von Costa Rica.

 

Derzeit verfügt Costa Rica über ein fortschrittliches Bildungssystem, bei der die Bildung bis zum Abitur öffentlich, kostenlos und verpflichtend ist. Dies hat bewirkt, dass Costa Rica eine Alphabetisierungsrate von 98% besitzt, eines der höchsten in Lateinamerika. Außerdem hat die allgemeine Gesundheitsversorgung ermöglicht, dass das Land eines der höchsten Gesundheitsraten hat, mit einem der niedrigsten Niveaus der Säuglingssterblichkeit und einer Lebenserwartung von rund 79 Jahren. Dies vereint mit einer starken Arbeitsgesetzgebung, mit einem Arbeitsgesetz, welches den costa-ricanischen Arbeitnehmern eine Reihe von Rechten einräumt, die sogar besser sind als die von einigen Industrieländern, einem effizienten Justizsystem und der Schaffung von öffentlichen Institutionen, wie dem „Instituto Costarricense de Electricidad“ (ICE), welches dem Land einen besseren Zugang zur Telekommunikation und Elektrifizierung von 90% des Landes verschafft hat, haben sie unter anderem erreicht, dass Costa Rica eine fundierte Demokratie und eine wachsende und mächtige Wirtschaft auf internationalen Niveau hat. Aber da es im Leben nicht an Konflikten fehlt und diese zwischen den Ländern auftreten, wenn sie äußeren Aggressionen ausgesetzt waren oder Unterschiede auf internationaler Ebene schlichten mussten, ist Costa Rica seiner Rechtsberufung treu geblieben und hat schon immer auf die Mechanismen des Völkerrechts und der Diplomatie zurückgegriffen. So groß ist die zivile Überzeugung dieses kleinen Landes.